Lackkirsche AN

4. – 5. Kirschwoche; Einteilung der Reifezeit bei Kirschen von der 1. bis 8. Kirschwoche.

Die „Lackkirsche AN“ ist DIE niederrheinische Kirsche schlechthin, deren Vorkommen in Deutschland bislang überhaupt nicht bekannt war. Mit 40 Bäumen, die größtenteils das stolze Alter von 100 Jahren, bisweilen auch 120 Jahren erreicht haben, ist die „Lackkirsche AN“ die am stärksten verbreitete Sorte am Niederrhein und schlägt damit sogar knapp die sich in Gesamtdeutschland zumeist in der Spitzenposition befindliche ‚Hedelfinger Riesenkirsche‘. Drei Baumbesitzer konnten die Sorte mit ihrem Namen „Lackkirsche AN“ noch benennen. Trotz dieser Präsenz wird die Kirsche schon seit Jahrzehnten nicht mehr in Baumschulen vermehrt und ist aus dem allgemeinen Bewusstsein der Menschen vor Ort völlig verschwunden.

Ein wenig Verwirrung gibt es aber nun doch noch um diese beliebte Kirsche. Der genetische Fingerprint ergab, dass es sich bei der hier beschriebenen Sorte um die ‚Swatte von Mirlo‘ handelt, welche eine niederländische Sorte ist und dort auch unter dem Synonym ‚Mirlosche‘ bekannt ist. Der Referenzbaum für die Genanalyse stammt aus Hagen am Teutoburger Wald, der sich als Jungbaum, mit Reiserherkunft aus Belgien, in der Sammlung der dortigen Deutschen Genbank Obst (DGO) befindet. Bei den am Niederrhein eingesammelten Proben fiel auf, dass sie in zwei verschiedene Varianten auftraten. Zum einen lagen Früchte von Bäumen vor, deren Fruchtstein immer einen ausgesprochen schmalen Bauchwulst aufwiesen und zum anderen, Steine von Bäumen, die grundsätzlich einen auffällig breiten Bauchwulst zeigten. Der breite Bauchwulst entspricht den Steinabbildungen der DGO und denen der englischen Sammlung in Brogdale und damit der ‚Swatten von Mirlo‘. Ob es sich um ein zufälliges Phänomen handelt, oder tatsächlich um zwei Typen, die aber ansonsten identisch sind, muss in den kommenden Jahren beobachtet werden. Solange werden beide Varianten zusammen unter „Lackkirsche AN“ erfasst, der Typ mit dem breiten Bauchwulst erhält den Zusatz „Typ Swatte von Mirlo AN“. In diesem Zusammenhang ist es zudem verwunderlich, dass der Typ mit dem breiten Bauchwulst von einem der Besitzer als „Mandelkirsche“ bezeichnet wurde, obwohl in der Region der Name „Lackkirsche AN“ gängig ist.

Die Namensgebung „Lackkirsche AN“ erschließt sich bei der Betrachtung der Kirschen sofort, denn die Früchte zeigen einen ganz besonderen, fast metallischen Glanz, der die dunkelroten bis schwarz-violetten Kirschen wie lackiert wirken lässt. Die in dichten Trauben hängenden Früchte sind mittelgroß, sehr ebenmäßig oval bis herzförmig geformt und haben einen relativ langen, dünnen Stiel. Die Stielgrube kann eine kleine Kerbe zeigen, Bauch und Rückenseite sind flach gerundet. Das Fruchtfleisch der „Lackkirsch AN“ ist stark dunkel rot färbend, sehr saftig, süß mit etwas Säure und bisweilen einem schwachen Bitterton, der das Aroma intensiviert und an „Große Schwarze “ Knorpel erinnert. Sie eignet sich zum Frischverzehr und zur Verarbeitung, zum Pfannkuchen backen wird sie in der Region gerne verwendet. Die Fruchtsteine der „Lackkirsche AN“ sind länglich schmal, zum Stempel etwas zugespitzt und haben einen kaum gerieften, sehr schmalen Bauchwulst. Die Steine vom Typ ‚Swatte von Mirlo‘ sind oval bis umgekehrt eiförmig und haben einen breit aufgeklappten, Bauchwulst mit scharfen Außenkanten und einem auf ganzer Länge deutlich heraustretenden Mittelkamm.

Die Bäume der „Lackkirsche AN“ können sehr alt werden und bilden riesige Kronen mit mächtigen Stämmen, deren Veredelungswülste deutlich in Erscheinung treten. In der Jugend wächst der Baum zunächst schmal, bildet dann aber rundliche, leicht pyramidale Kronen mit steilen Leitästen, fast waagerechten Fruchtästen und nur schwach hängendem Fruchtholz. Die Bäume sind dicht belaubt und zeigen fast alle eine sehr gute Baumgesundheit, wodurch sie sehr gut für die Streuobstwiese geeignet sind. Der Ertrag ist sehr hoch.

Autorin: C. Pfeffer